Wann ist der richtige Zeitpunkt ein Gewerbe anzumelden und was muss ich dabei als Content Creator:in beachten? Melchior Neumann von Kontist Steuerservice gibt Tipps für das richtige Vorgehen.
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Die Gewerbeanmeldung: Ein einfacher Verwaltungsakt, das den lang gehegten Wunsch der „eigene Chef zu sein“, wahr macht. Ein Gang in das Gewerbeamt des zuständigen Rathauses, mit plus minus 35 Euro in der Tasche und schon ist man selbstständig. Wie bei allem, was neu ist, entstehen auch hierbei Fragen, die beantwortet werden wollen.
Wann sollte ich als Content Creator:in ein Gewerbe anmelden? Und muss ich davor irgendwelche Überlegungen getroffen haben? Ja, lautet die Antwort in aller Kürze. Mit der Gewerbeanmeldung triffst du die ersten wichtigen Entscheidungen für deine Selbstständigkeit. Welche das sind, haben wir mit Melchior Neumann, Founder von Kontist Steuerservice im INFLZR Podcast Folge 34 besprochen. Neben Kontist Steuerservice hat Melchior einige Unternehmen in seiner bisherigen Unternehmer Laufbahn gegründet und kennt die Tücken bei der Gewerbeanmeldung. Wir gehen hier auf drei häufig vorkommende Fragen ein. Noch mehr Fragen werden im Podcast beantwortet.
Wann ist der richtige Moment um ein Gewerbe anzumelden?
Mit der Gewerbeanmeldung sollte man sich dann beschäftigen, wenn man vorhat nachhaltig, also dauerhaft, Einnahmen zu erzielen. Sprich, es reicht, den Willen zu haben, etwas verdienen zu wollen. Man sagt dazu auch: ab Beginn der Geschäftstätigkeit.
Ein Beispiel ist die Teilnahme im Amazon PartnerNet, um Affiliategebühren für Produktempfehlungen einzunehmen. Mit der Anmeldung am PartnerNet verdienst du noch kein Geld, aber du zeigst den Willen, Einnahmen erzielen zu wollen.
Ein Mythos lautet oftmals, dass man erst bei Vorhandensein von Einnahmen die Gewerbeanmeldung angehen muss. Das ist schlichtweg falsch und kann sogar zu einem steuerlichen Strafbestand führen. Lieber also früher das Gewerbe anmelden, als zu spät. Es hat Vorteile, wie du gleich lesen wirst.
Muss ich nach der Gewerbeanmeldung Steuern zahlen?
Ein Gewerbe anzumelden klingt erstmal „schlimmer als es ist“, sagt Melchior. „Viele denken, man muss gleich Steuern zahlen.“ Das ist aber nicht ganz richtig.
Steuer sparen durch den Vorsteuerabzug
Durch die Gewerbeanmeldung kann man auch Steuern sparen, weswegen es empfehlenswert ist, die Anmeldung vorzeitig durchzuführen. In der Regel entstehen für die Selbstständigkeit Kosten, noch bevor man einen Euro verdient hat. So zum Beispiels für den Kauf einer Kamera, eines Mikrofons oder sonstige Dinge, die ein Creator so braucht. Selbstständige erhalten die Mehrwertsteuer auf gewerblich bedingte Ausgaben zurück. Beim aktuellen Mehrwertsteuersatz sparst du somit bis zu 19 Prozent. Zudem schmälern die Kosten auch deinen Gewinn, der wiederum am Ende des Jahres in die Berechnung der Einkommenssteuer herangezogen wird. Aber Achtung! Es gibt Dinge, die lassen sich nicht von der Steuer absetzen. Welche das sind, erzählt Melchior ebenfalls im Podcast.
Zu Beachten ist, dass der Vorsteuerabzug nur den Gewerbetreibenden erlaubt ist, die auf die Kleinunternehmerregelung laut Paragraf 19 EStG verzichten. Oder anders ausgedrückt, sich dafür entscheiden, Umsatzsteuer in der Rechnung auszuweisen. Ein Spezialfall gibt es aber dann doch noch. Gilt man als Freiberufler:in, wird der Vorsteuerabzug verwehrt.
Wie man Umsatzsteuervorauszahlungen bei Betriebsbeginn vermeidet
Wovor viele Gründer Ängste haben, ist die Umsatzsteuervorauszahlung. Sie kann tatsächlich zu Steuerzahlungen nach der Gewerbeanmeldung führen. Doch es gibt einen Ausweg. Nach der Anmeldung der Selbstständigkeit erfolgt die steuerliche Erfassung durch das Finanzamt. Darin wird man aufgefordert, seinen Jahresumsatz zu schätzen. Die Höhe der Schätzung ist der Maßstab für die Berechnung der Umsatzsteuervorauszahlung, die alle Selbstständigen betrifft. „Man darf hier niedrig schätzen“, empfiehlt Melchior. Bleibt man unter der Umsatzgrenze von 22.000 Euro im Jahr, sind im ersten Jahr der Selbstständigkeit keine Vorauszahlungen zu leisten. Damit möchte das Finanzamt vermeiden, kleine Unternehmer:innen unnötig zu belasten.
Wird die Umsatzgrenze im Laufe des Jahres erreicht, kann man jederzeit das Finanzamt darüber informieren, spätestens jedoch beim Jahresabschluss. Bleibt der Umsatz am Ende des Jahres weiterhin unter der Grenze, wird auch im kommenden Jahr die Vorauszahlung auf null gesetzt.
Welche Tätigkeit soll ich in der Gewerbeanmeldung angeben?
Bei der Anmeldung des Gewerbes wird dir die Frage gestellt, für welche Tätigkeiten das Gewerbe angemeldet werden soll. Gibst du Influencer:in oder Content Creator:in an, wird das Gewerbeamt damit nicht viel anfangen können. Denn, Influencer und Content Creator sind keine anerkannten Berufe. Aus diesem Grund kann ein Gewerbe nicht auf diese Tätigkeit angemeldet werden. Das Problem löst sich aber schnell, indem du um die Ecke denkst. Frage dich dazu, wie, beziehungsweise, über welche Tätigkeiten, du dein Geld verdienen möchtest.
Dienstleistungserbringung als Tätigkeit
Möchtest du Produkte gegen Entgelt bewerben oder gar Dienstleistungen als Fotograf:in oder Videograf:in anbieten, wäre die Bezeichnung „Marketingdienstleistungen“ oder „Dienstleistungen einer Werbeagentur“ zutreffend. Die Tätigkeiten der Influencer, sind sehr ähnlich denen, aus dem Bereich des Marketings. Damit deckst du übrigens auch Beratungsleistungen ab, sollte es mal dazu kommen, dass jemand eine Social Media-Beratung buchen möchte.
Achtung: Fotografen, die als Künstler:innen oder Bildjournalist:innen gelten, sind den Kammerberufen zugehörig. Sprich, sie gelten als Freiberufler:innen. Möchtest du als Fotograf:in arbeiten, aber nicht als Freiberufler:in gelten, solltest du stattdessen eine andere Bezeichnung für die Dienstleistung verwenden, beispielsweise einer der oben genannten. Wie sich Freiberufler von Gewerbetreibenden unterscheiden und ob es sinnvoll ist eine Selbstständigkeit als Freiberufler:in anzumelden, verrät Melchior im Podcast.
Vertrieb und Verkauf von physischen Produkten als Tätigkeit
Bezweckst du hingegen physische Produkte zu verkaufen, kannst du das direkt angeben, beispielsweise in Form von „Verkauf von Produkten für den Hausbedarf“, sofern das dein Produktsortiment ist. Schlauer ist es aber, die Produktgruppe gar nicht zu nennen. Damit kannst du jederzeit dein Angebot flexibel gestalten. Die Angabe „Verkauf von erlaubnisfreien Waren aller Art“ deckt beispielsweise ein ziemlich großes Warensortiment ab.
Melchior empfiehlt im Podcast, „die im Gewerbeschein angegebene Tätigkeit, allgemeingültig zu fassen, um sich nicht zu sehr auf den Verkauf einer Dienstleistungs- oder Produktgruppe einzuschränken.“ Es ist auch möglich mehrere Tätigkeiten anzugeben, damit du beispielsweise Dienstleistungen und den Verkauf von Waren mit einer Gewerbeanmeldung deckst.
Du bist dir noch unsicher welche Tätigkeit du für dein Gewerbe angeben sollst? Keine Sorge, die Mitarbeiter im Gewerbeamt helfen dir in der Regel gerne weiter.
Weitere Insights und Tipps zur Gewerbeanmeldung, Unternehmensformen und der laufenden Buchhaltung von Melchior Neumann im INFLZR Podcast
Rund um die Gewerbeanmeldung gibt es noch ein paar wichtige Fragen, die Melchior Neumann im INLFZR Podcast, Folge 34 beantwortet. So beispielsweise, ob das Gewerbe im Neben- oder Hauptberuf angemeldet werden sollte. Daneben gibt er auch Tipps zu Unternehmensformen, womit sich Content Creator:innen und Influencer:innen auf kurz oder lang ebenfalls beschäftigen müssen.
Nicht zu kurz kommt auch das Thema der laufenden Buchhaltung. Unter anderem werden die Fragen, ob man einen Steuerberater braucht oder ein Steuerprogramm benötigt wird und was eine stabile Buchhaltung ausmacht, beantwortet. Und zuletzt sprechen wir auch über die Influencer-Branche, zu der Melchior auch angehört. Er selbst ist nämlich ebenfalls Creator. Auf seinem YouTube-Kanal Kontist Steuerservice, gibt er Tipps rund um Steuern an Selbstständige weiter. Die Folge mit Melchior gibt es auf Spotify, Apple Podcast und Co. zu hören und auf YouTube zu sehen.
Moin moin, auf die Schnelle: Fotografen müssen in der Regel ein Gewerbe anmelden, da sie zu den Kammerberufen gehören. Nur künstlerisch tätige Fotografen und eben die freien Journalisten sind als Freiberufler einzuordnen. Fotografen müssen in diesem Fall ihre Künstlereigenschaft nachweisen.
Danke lieber Andreas für die wichtige Einordnung. 🔥