Caryn Marjorie, eine erfolgreiche Influencerin, hat mit CarynAI einen KI-Influencer-Klon erschaffen, der als “virtuelle Freundin” gemietet werden kann. Für 1 US-Dollar pro Minute ermöglicht CarynAI den Fans, mit der Influencerin persönlich zu chatten. Ein wegweisendes Projekt, das ethische Fragen aufwirft.

Autorin: Alesia Lisa Freund

Mit fast zwei Millionen Followern auf Snapchat ist Caryn Marjorie eine erfolgreiche Influencerin. Für ihre zu 98 Prozent männliche Fan-Gemeinde hat sie ein neues Projekt ins Leben gerufen: “CarynAI”, ein KI-Klon, nutzt die GPT-4-Technologie von OpenAI und ahmt ihre Stimme, ihre Eigenheiten und ihre Persönlichkeit nach. Fans haben nun die Möglichkeit, für 1 US-Dollar pro Minute mit CarynAI zu chatten. Ein im März veröffentlichter Artikel in der Washington Post erzählt die Geschichte zu CarynAI.

Die Herausforderung der wachsenden Fan-Gemeinde

Mit steigender Beliebtheit sah sich Caryn Marjorie einer immer größer werdenden Fan-Gemeinde gegenüber. Täglich erhielt sie zahlreiche Nachrichten und Anfragen, auf die sie individuell nicht eingehen konnte. Obwohl sie eine von ihr gegründete Telegram-Gruppe betrieb, in der Fans gegen Bezahlung mit ihr kommunizieren konnten, reichte ihre Zeit nicht aus, um mit jedem einzelnen Fan persönlich zu interagieren. Aus diesem Grund entschied sie sich dazu, mit ihrem Team einen KI-Klon von sich selbst zu erschaffen – CarynAI.

Potenziale von KI für zwischenmenschliche Beziehungen

Die Einführung von CarynAI verdeutlicht das Potenzial von KI-Anwendungen für zwischenmenschliche Beziehungen. Influencer können durch den Einsatz dieser Technologie ein breites Publikum erreichen und persönlich ansprechen, ohne dabei physisch anwesend zu sein. CarynAI hat mit diesem Konzept bereits in der ersten Woche über 100.000 Dollar eingebracht und eine hohe Nachfrage von Personen generiert, die Zugang zu CarynAI haben möchten.

Ethik und kritische Stimmen

Die Einführung von CarynAI hat jedoch auch zu ethischen Fragen und Kritik geführt. Einige Stimmen äußern Bedenken hinsichtlich möglicher sexueller Inhalte und der Abgrenzung zwischen Realität und Virtualität. Marjorie räumt ein, dass einige der Gespräche mit CarynAI sexuell explizit werden, betont jedoch, dass sie CarynAI ins Leben gerufen hat, um Einsamkeit bei ihren Fans zu bekämpfen und ihnen eine persönliche Verbindung zu ermöglichen. Sie möchte nicht, dass sexuelle Aspekte die dominierenden Merkmale des Dienstes werden. 

Als Schutzmaßnahme gegen eine mögliche Sucht ist CarynAI so programmiert, dass die Gespräche nach etwa einer Stunde beendet werden. Für die tägliche Nutzung gibt es jedoch kein festes Zeitlimit und so verbringen einige Nutzer:innen laut Ishan Goel, dem Manager von Marjorie, mehrere Stunden mit CarynAI pro Tag.

Die Zukunft von KI-Influencern

CarynAI ist ein wegweisendes Beispiel dafür, wie KI-Influencer die Art und Weise verändern können, wie wir online interagieren. Während Forever Voices, das Unternehmen hinter CarynAI, sich auf die Entwicklung von KI-Begleitern konzentriert, die auf realen Menschen basieren, gibt es Experten, die glauben, dass eine Zeit kommen wird, in der echte Menschen überhaupt nicht mehr benötigt werden. Bereits jetzt existieren vollständig virtuelle Influencer-Charaktere wie Lil Miquela, die seit ihrem Start im Jahr 2016 Hunderttausende von Fans gewonnen hat, obwohl sie lediglich ein computergeneriertes Modell ist. Ihre Beiträge und Persönlichkeit wurden jedoch manuell von den Gründern von Brud, dem Unternehmen, das sie erschaffen hat, erstellt. Diese Entwicklung wirft Fragen darüber auf, ob menschliche Influencer bald von KI-generierten Persönlichkeiten abgelöst werden könnten.

Es wird erwartet, dass in Zukunft immer mehr Persönlichkeiten und sogar fiktive Charaktere virtuelle Avatare nutzen, um mit ihrem Publikum zu interagieren. Dies eröffnet neue Möglichkeiten der Interaktion und des Engagements in der digitalen Welt. Experten prognostizieren, dass KI-Influencer eine zunehmende Rolle spielen und die Entscheidungen der Verbraucher beeinflussen könnten.

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